- § 1 Allgemeines
- § 2 Grundsätze des Strafverfahrens
- § 3 Verdachtsstufen
- § 4 Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung
- § 5 Ablauf des Strafverfahrens
- § 6 Beweismittel
- § 7 Fristen und Zustellung
- § 7a Anhörungen zu Anträgen
- § 8 Hauptverhandlung
- § 9 Beschleunigte Verfahren (Schnellverfahren)
- § 10 Zulässigkeit der Nebenklage und Nebenkläger
- § 11 Befangenheit
- § 12 Berufung
- § 13 Revision
- § 14 Beschwerde
- § 15 Ordnungsgelder
- § 16 Zeugen und Sachverständige, Belehrung
- § 16a Eidesformel
- § 17 Verjährung
- § 18 Haftbefehle
- § 19 Pflichtverteidigung
- § 20 Ausschließung des Verteidigers
- § 21 Beschlüsse
- § 21a Zufallsfunde bei Durchsuchungen
- § 22 Verfahren und Amtsermittlungsgrundsatz
- § 23 Richterliche Anordnungen
- § 24 Wiederaufnahme des Strafverfahrens
- § 25 Akteneinsicht
- § 26 Verdeckter Ermittler
- § 27 Informanten und V-Personen
- § 28 Zeugenschutz
- § 29 Allmacht des Staatsoberhauptes
§ 1 Allgemeines
(1) Ordnungswidrigkeiten werden durch die Exekutivbehörden abgehandelt. Es besteht in diesem Fall kein Anklagemonopol der Staatsanwaltschaft. Ordnungswidrigkeiten werden durch die Exekutivbehörden geahndet.
(2) Straftaten im Sinne der Gesetzgebung des Staates Medovistan sind Vergehen und Verbrechen.
§ 2 Grundsätze des Strafverfahrens
(1) Die Strafverfolgungsbehörden, also Staatsanwaltschaft und Exekutivbehörden haben von Amts wegen und ohne Ansehen der Person des Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren zu eröffnen, wenn sie eine den Anfangsverdacht zureichende Kenntnis von einer (möglichen) Straftaten erlangt haben. Es reicht aus, wenn die Strafverfolgungsbehörden von Tatsachen Kenntnis erlangen, die die Begehung einer Straftat als möglich erscheinen lassen. (Legalitätsprinzip).
(1a) Die angesetzten Maßnahmen der Ermittlung müssen im Verhältnis zur angenommenen Strafe stehen.
(2) Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte können ein Strafverfahren unter bestimmten Umständen einstellen (Opportunitätsprinzip).
(3) Die Staatsanwaltschaft besitzt das Anklagemonopol bei Straftaten (Vergehen und Verbrechen).
(4) Es gilt die Unschuldsvermutung. Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.
(5) Niemand darf gezwungen werden, sich selbst zu belasten. Jeder einer Straftat verdächtige darf frei entscheiden, ob er sich zum Tatvorwurf äußern möchte oder von seinem Schweigerecht Gebrauch macht. Zeugen dürfen ihre Aussage verweigern, wenn sie sich selbst belasten würden.
(6) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.
(7) Kein Verbrechen ohne Gesetz.
(8) Keine Strafe ohne Gesetz.
(9) Es gilt das Öffentlichkeitsprinzip für Hauptverhandlungen, sofern nicht die Öffentlichkeit ausdrücklich ausgeschlossen wird. Anhörungen sind grundsätzlich nicht öffentlich.
(10) Niemand darf wegen derselben Tat aufgrund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden (Verbot der Doppelbestrafung).
(11) Kein Angeklagter oder Angeklagte darf zum bloßen Objekt des Strafverfahrens gemacht werden. Angeklagte besitzen Fragerechte, Erklärungsrechte, Beweisantragsrechte und das letzte Wort. Angeklagte können Rechtsmittel über einen Anwalt einlegen (lassen).
(12) Beschuldigte müssen im Strafverfahren besondere Eingriffe der Strafverfolgungsbehörden erdulden. Hierfür reicht ein Anfangsverdacht aus. Für schwerwiegende Eingriffe ist im Regelfall von Gesetzes wegen einer richterlichen Entscheidung vorgeschrieben.
(12a) Als Beschuldigte gelten Personen, gegen die ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren geführt wird.
§ 3 Verdachtsstufen
(1) Der zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erforderliche Anfangsverdacht besteht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat vorhanden sind. Eine bloße Vermutung stellt keinen Anfangsverdacht dar.
(2) Hinreichender Tatverdacht liegt vor, wenn Ermittlungen genügend Anlass zur Erhebung der Anklage bieten. Somit muss bei der vorläufigen Tatbewertung die Verurteilung des Beschuldigten wahrscheinlicher sein als ein Freispruch.
(2a) Liegt ein hinreichender Tatverdacht vor, muss die Staatsanwaltschaft die Anklage durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht erheben. Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Von der Einstellung setzt sie den Beschuldigten schriftlich in Kenntnis.
(3) Dringender Tatverdacht liegt vor, wenn aufgrund der bisherigen Ermittlungsergebnisse eine hohe bzw. große Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschuldigte als Täter oder Teilnehmer eine Straftat begangen hat.
(3a) Liegt ein solcher dringender Tatverdacht vor, so besteht die Möglichkeit des Erlasses eines Haftbefehls und eine Unterbringung in Untersuchungshaft sowie der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis.Ebenfalls kann ein beschleunigtes Verfahren nach der StPO anberaumt werden.
§ 4 Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung
(1) Sobald die Staatsanwaltschaft durch eine Anzeige oder auf anderem Wege von dem Verdacht einer Straftat Kenntnis erhält, hat sie zu ihrer Entschließung darüber, ob eine Anklage zu erheben ist, den Sachverhalt zu erforschen.
(1a) Die Anzeige einer Straftat kann schriftlich oder mündlich bei den Exekutivbehörden eingereicht werden.
(2) Die Staatsanwaltschaft hat die Aufgabe, alle verfügbaren Beweismittel angemessen zu prüfen, zu sichern und darf keine Beweismittel in einem Verfahren zurückhalten ungeachtet dessen ob diese entlastend oder belastend sind, sofern es durch anderweitige gesetzliche Vorschriften nicht anders definiert ist.
(3) Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sollen sich auch auf die Umstände erstrecken, die für die Bestimmung der Rechtsfolgen der Tat von Bedeutung sind. Dazu kann sie sich der Gerichtshilfe bedienen.
(4) Eine Maßnahme ist unzulässig, soweit spezialisierte gesetzliche Regelungen entgegenstehen.
§ 5 Ablauf des Strafverfahrens
(1) Die Staatsanwaltschaft muss als Herrin des Verfahrens Kenntnis von einer Straftat (Vergehen oder Verbrechen) erhalten.
(1a) Sie erhält Kenntnis von einer Straftat durch Strafanzeige oder Strafantrag. Sie ist verpflichtet, dem Verdacht einer Straftat nachzugehen und den Sachverhalt zu erforschen. Die Staatsanwaltschaft gilt bei Übermittlung einer Fallakte durch die Exekutivbehörden an die Staatsanwaltschaft als in Kenntnis gesetzt, da die Anzeige dann als aufgenommen gilt.
(2) Liegt ein Anfangsverdacht vor, muss die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren einleiten, um den Anfangsverdacht zu einem hinreichenden Tatverdacht erstarken zu lassen.
(2a) Beschuldigte sind vor der Anklageerhebung zu vernehmen. Beschuldigte und Zeugen sind verpflichtet, der Ladung der Staatsanwaltschaft zu folgen. Die Ladung muss schriftlich erfolgen. Sie gilt mit dem Absenden als zugestellt. Erscheinen Beschuldigte oder Zeugen zur zweiten ordnungsgemäßen Vorladung nicht, so kann die Staatsanwaltschaft diese durch die Exekutivbehörden unter Zwang zur Vernehmung vorführen lassen (zwangsweise Vorführung). Gegen Beschuldigte und Zeugen kann bei Nichterscheinen zur Vernehmung ein Ordnungsgeld von bis zu 500 $ verhängt werden. Kann das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden, ist § 11 PolG anzuwenden.
(3) Ergibt sich aus dem Anfangsverdacht kein hinreichender Tatverdacht, ist das Verfahren einzustellen.
(4) Im Zwischenverfahren geht die Verfahrensherrschaft auf die Gerichte über, die bei Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft den hinreichenden Tatverdacht prüfen müssen und bei Zulassung der Anklage das Hauptverfahren eröffnen. Andernfalls stellen die Gerichte das Verfahren durch Beschluss bereits im Zwischenverfahren ein.
(5) Kommt das Gericht zu dem Beschluss, dass die Anklage der Staatsanwaltschaft berechtigt ist und ein hinreichender Tatverdacht vorliegt, kommt es zur Eröffnung des Hauptverfahrens durch Eröffnungsbeschluss. Der Ablauf der Hauptverhandlung ist gesetzlich geregelt.
(6) Abweichend eines Hauptverfahrens kann auf Antrag ein Schnellverfahren (beschleunigtes Verfahren) durchgeführt werden. Das beschleunigte Verfahren ist gesetzlich geregelt.
(7) Wird ein Urteil oder Beschluss in einem Hauptverfahren oder beschleunigten Verfahren in der ersten Instanz gefällt, stehen grundsätzlich Rechtsmittel der Berufung und Revision offen. Berufung und Revision sind gesetzlich geregelt.
(8) Das Vollstreckungsverfahren ist jene Phase im Ablauf des Strafverfahrens, in der die verhängten Strafvollstreckungen vollzogen werden. Daher bildet die Phase den abschließenden Abschnitt des gesamten Strafverfahrens. Die Dauer des Vollstreckungsverfahrens hängt von der Verurteilung (Höhe des Strafmaßes) ab. In dieser Zeit wird die verhängte Strafe sozusagen überwacht, wobei es sich um eine Geld- oder Freiheitsstrafe oder sonstige Auflagen wie die Ableistung von Sozialstunden handeln kann. Das ergangene Urteil eines Strafprozesses wird als Strafvollstreckung bezeichnet.
§ 6 Beweismittel
(1) Wenn die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt, sind alle Beweismittel zu diesem Zeitpunkt in die Anklageschrift aufzunehmen. Beweismittel, die nach Erhebung der Anklage aber vor der Hauptverhandlung durch die Staatsanwaltschaft oder Verteidigung eingereicht werden, müssen dem Gericht und der jeweiligen Gegenseite bis 48 Stunden vor Eröffnung zugesandt werden. Es gelten die gesetzlichen Fristen.
(1a) Zu den im Voraus der Hauptverhandlung zu übersendenden Beweismitteln zählen insbesondere, sofern die Einsicht mündlich oder schriftlich durch einen Rechtsanwalt oder den Angeklagten beantragt wurde:
- Fallakten
- Anklageschrift
- sonstige Beweismittel
- sonstige Anträge
(2) Zeugen und Sachverständige sind von der jeweiligen Partei in Eigenverantwortung zu laden. Das zuständige Gericht ist über die Abwesenheit von Zeugen und Sachverständigen zu informieren.
(3) Als Beweismittel sind zulässig
- Daten von Mobiltelefonen und PCs - SMS-Verläufe, E-Mails oder Social-Media-Aktivitäten, etc.
- Fotos von Örtlichkeiten / Tatorten oder beteiligten Gegenständen,
- beschlagnahmte Gegenstände,
- beglaubigte Urkunden; Kontoauszüge,
- Zeugen; dabei kann eine mündliche Aussage erfolgen oder, wenn die mündliche Vernehmung aus Sicht der Staatsanwaltschaft entbehrlich ist oder der Zeuge zu einer Verhandlung nicht erschienen oder kurzfristig nicht zu erreichen ist, eine Verlesung einer schriftlichen oder schriftlich dokumentierten Aussage erfolgen. Soweit sich erhebliche Lücken oder Widersprüche zwischen einer mündlichen Aussage und einer schriftlichen oder schriftlich dokumentierten Aussage zeigen, ist die ergänzende Verlesung einer solchen Aussage ebenfalls zulässig. Grundsätzlich entscheidet der vorsitzende Richter der Hauptverhandlung über die Notwendigkeit einer mündlichen Aussage.
- schriftliche oder schriftlich dokumentierte Aussagen von Beschuldigten,
- die Inaugenscheinnahme von Beweismitteln durch das Gericht.
(4) Alle Beweismittel sind neben dem zuständigen Gericht auch der Gegenseite zu übermitteln. Es gelten die gesetzlichen Fristen.
§ 7 Fristen und Zustellung
(1) Sämtliche Anträge, die sich nicht aus dem Prozessverlauf ergeben, müssen mindestens 48 Stunden vor Beginn der Verhandlung gestellt werden. Die Anträge sind durch die einreichende Partei an die Gegenseite zu übermitteln. Über Ausnahmen, auch auf Antrag der Verfahrensbeteiligten hin, entscheidet der Vorsitzende Richter.
(2) Anträge, Beweismittel und sonstiger in einem Strafverfahren bestimmter Schriftverkehr gelten als zugestellt, wenn diese innerhalb der gesetzlichen Fristen versendet worden sind.
(3) Alle Anträge, Beweismittel oder Zeugen, die nicht fristgerecht oder erst bei Verhandlungsbeginn vorgebracht werden, werden abgelehnt. Die jeweilige Gegenseite hat dies dem vorsitzenden Richter bei Aufruf des Beweismittels anzumelden.
(4) Über die Freigabe der Fallakte durch die Staatsanwaltschaft (Akteneinsicht) ist die Verteidigung sowie auch zugelassene Nebenkläger schriftlich zu informieren. Sie gilt in diesem Fall als zugestellt.
(5) Über die Einlegung von Rechtsmitteln ist die Gegenseite durch das Gericht schriftlich zu informieren.
§ 7a Anhörungen zu Anträgen
(1) Die Anhörung dient dem Zweck, Anträge den Gerichten für eine Entscheidung durch einen Richter vorzulegen.
(2) Eine Anhörung kann nach einem formlosen schriftlichen und/oder mündlichen Antrag gegenüber den Gerichten durch einen Richter anberaumt werden.
(3) Sofern nicht anders vorgegeben, entscheiden die Gerichte, ob ein schriftlicher oder mündlicher Antrag ausreichend ist.
(4) Für die Ladung sind die Gerichte zuständig.
(5) Folgende Anträge werden vor den Gerichten grundsätzlich nur im Beisein der Staatsanwaltschaft mündlich angehört:
- Anträge für Datenschutzaufhebungen
- Anträge zu Hausdurchsuchungen, wenn diese nicht über Gefahr im Verzug durchgeführt worden sind
- Anträge zu Haftbefehlen
(6) Folgende Anträge werden vor den Gerichten grundsätzlich im Beisein aller Beteiligten mündlich angehört:
- Anträge auf Einstellung des Verfahrens
- Anträge zur Entziehung der Fahrerlaubnis
- Beschwerdeverfahren zu Datenschutzaufhebungen, Hausdurchsuchungen, Haftbefehlen und Ordnungswidrigkeiten
- Anträge zu Haftverlängerungen
(7) Die Gerichte können, sofern dies erforderlich ist, die zu ladenden Beteiligten, sofern erhebliche Gründe dafür oder dagegen vorliegen, entsprechend selbständig anpassen.
(8) Anhörungen nach §7a Abs. 6 StPO sind frühestens 48 Stunden nach Informierung aller Beteiligten durchzuführen, davon ausgenommen sind Anhörungen, bei welchen beide Parteien auf die Frist verzichten.
(9) Rechtsmittel unterliegen nicht der Verpflichtung einer mündlichen Anhörung.
(10) Für Beschwerden zu Entscheidungen gilt §14 StPO.
§ 8 Hauptverhandlung
(1) Aufruf der Strafsache und Eröffnung
- Eröffnung der Verhandlung durch den Vorsitzenden Richter mittels Aufruf der Strafsache. Dabei muss das Aktenzeichen, die aktuelle Uhrzeit auf die Minute genau und das Datum genannt werden. Sollte das Verfahren vertagt werden, ist erneut auf Aktenzeichen, Datum und Uhrzeit hinzuweisen.
- Alle Anwesenden im Sitzungssaal sind zur Gerichtsordnung zu belehren.
(2) Überprüfung der Anwesenheit
- Es ist festzustellen, wer erschienen ist. Zur Gerichtsverhandlung müssen die Verteidigung, mindestens bestehend aus dem Angeklagten, sowie die Anklage, vertreten durch die Staatsanwaltschaft, anwesend sein.
- Es ist festzustellen, welche geladenen Personen erschienen sind. Es obliegt dem Gericht, alle Zeugen gemeinschaftlich oder erst bei der einzelnen Vernehmung zu belehren.
- Die Verhandlung kann vertagt werden, wenn aufgrund des Fernbleibens von geladenen Zeugen eine Verhandlung nicht möglich ist. Anstelle der mündlichen Aussage eines Zeugen vor Gerichts kann stattdessen die schriftliche Zeugenaussage aus der Fallakte herangezogen werden. Es obliegt letztlich dem Gericht, ob es die mündliche Zeugenaussage für entbehrlich erachtet und die Verlesung einer schriftlichen Zeugenaussage als ausreichend befindet. In diesen Fällen kann auch ein Antrag der Verfahrensbeteiligten erfolgen.
- Die Verhandlung kann ebenfalls vertagt werden, wenn die Verteidigung (auch der Angeklagte) oder die Staatsanwaltschaft ohne Abmeldung nicht erscheinen.
- Das Gericht kann Verfahren aufgrund des Fernbleibens der Staatsanwaltschaft ohne Abmeldung einstellen, da in diesen Fällen kein Interesse einer Strafverfolgung mehr angenommen werden kann.
- Vor Beginn der Anklageverlesung müssen alle Zeugen den Gerichtssaal verlassen.
- Der Angeklagte ist über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu vernehmen und hat zumindest Angaben über seine Person zu machen. Das Gericht kann die Vernehmung hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bereits zu Beginn der Gerichtsverhandlung treffen oder wahlweise auch aussetzen.
(3) Eröffnungsplädoyer des Anklägers
- Nach Aufforderung durch das Gericht ist die Staatsanwaltschaft dazu verpflichtet, einen Sachverhalt und Tatvorwurf zu präsentieren.Wahlweise kann auch ein vollständiges Eröffnungsplädoyer gehalten werden, aus diesem muss der Tatvorwurf klar ersichtlich sein.
(4) Schuldfrage und Eröffnungsplädoye des Beklagten
- Der Angeklagte hat sich zu den Tatvorwürfen für schuldig oder nicht schuldig zu bekennen. Er ist über jeden Anklagepunkt einzeln zu befragen. Wenn der Angeklagte sich schuldig bekennt, kann das Gericht Fragen zur Strafbemessung stellen.
- Der Verteidigung oder bei Abwesenheit der Verteidigung dem Angeklagten selbst ist die Möglichkeit einzuräumen, den Sachverhalt und Tatvorwurf oder das Eröffnungsplädoyer zu erwidern, wenn dies gewünscht wird.
- Wenn der Angeklagte nicht bereits auf das Eröffnungsplädoyer reagiert hat, steht es ihm frei, sich zu der zur Last gelegten Tat zu äußern oder von einer Stellungnahme abzusehen.
(5) Beweisaufnahme
- Im Strafverfahren ist die Staatsanwaltschaft gehalten, dem Beschuldigten den Tatvorwurf zu seiner Verurteilung nachzuweisen.
- Bekennt sich der Angeklagte zu Tatvorwürfen für nicht schuldig, so ist diesbezüglich zur Erforschung der Wahrheit in die Beweisaufnahme einzutreten.
- Es sind alle rechtzeitig beantragten und zulässigen Beweismittel, welche zur Entscheidungsfindung des Gerichts maßgeblich sind, zu berücksichtigen.
- Bei einem Schuldbekenntnis des Angeklagten entfällt die Beweisaufnahme.
- Das Gericht wird lediglich hinsichtlich der Strafbemessung weitere Feststellungen treffen, wenn es dies für erforderlich hält.
- Ändert sich im Laufe des Verfahrens der Grund für eine Verurteilung oder werden im Zuge dessen neue Tatsachen bekannt, die eine Verurteilung nach Maßgabe eines anderen Gesetzes ermöglichen, so ist der Angeklagte und die Verteidigung hierüber zu informieren.
- Auf Antrag der Staatsanwaltschaft beziehungsweise des Angeklagten oder wenn das Gericht es für erforderlich hält, kann es die Antragsberechtigten zu einem Gespräch zur rechtlichen und sachlichen Erörterung auffordern. Dabei kann auch eine Verständigung über einen möglichen Strafrahmen stattfinden, wenn der Angeklagte dafür die Tat gesteht.
- Bei der Vorlage eines Beweismittels haben beide Seiten die Möglichkeit, Rückfragen zu stellen.
- Bei einer Zeugenbefragung beginnt der Ladende mit der Befragung. Anschließend hat die Gegenpartei das Fragerecht. Wenn diese auch mit ihren Fragen durch ist, darf der Richter noch eigene Nachfragen stellen, oder der ladenden Partei ein zweites Fragerecht einräumen. Das Fragerecht endet, bis keine der Parteien offene Fragen hat.
- Die Beweisaufnahme wird geschlossen.
- Nach der Beweisaufnahme dürfen keine Anträge mehr vorgebracht werden.
(6) Abschlussplädoyer
- Auf Antrag der Verteidigung oder der Staatsanwaltschaft kann die Verhandlung für die Vorbereitung eines Abschlussplädoyers unter Nennung des Zeitraums der Unterbrechung unterbrochen werden.
- Anschließend halten zuerst die Staatsanwaltschaft und anschließend der Angeklagte oder die Verteidigung ihr Abschlussplädoyer. Soweit ein Nebenkläger beteiligt ist, hält dieser nach der Staatsanwaltschaft sein Plädoyer.
- Der Angeklagte hat das Recht des letzten Wortes.
(7) Urteilsfindung
- Nach Abschluss der Abschlussplädoyers zieht sich das Gericht zur geheimen Urteilsfindung zurück.
- Über das Ergebnis der Beweisaufnahme soll es nach seiner freien Überzeugung entscheiden. Bestehen auch nach der Beweisaufnahme aus Sicht des Gerichts weiterhin Zweifel an der Schuld des Angeklagten, muss nach dem Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ ein Freispruch erfolgen.
- Während dieser Phase ist die Verhandlung zu unterbrechen und das Gericht darf nicht gestört werden.
- Das Gericht befindet ausschließlich hinsichtlich der Anklagepunkte für schuldig oder nicht schuldig. Es kann keine Anpassung der Anklagepunkte durch die Richter stattfinden.
- Bei der Strafzumessung kann die Untersuchungshaft angerechnet werden.
(8) Urteilsverkündung
- Der vorsitzende Richter nimmt die Verhandlung zur Urteilsverkündung wieder auf.
- Der Richter verkündet das Urteil mit Gesamtergebnis. Es folgt eine mündliche Urteilsbegründung.
- Das Urteil ist vorläufig rechtskräftig und durch schriftlichen Zugang der Urteilsschrift rechtskräftig.
- Das Gericht entscheidet über die sofortige Strafvollstreckung oder nennt einen Haftantrittstermin.
- Die Verfahrensbeteiligten sind über die Rechtsmittel der Berufung und Revision zu belehren.
- Die Verhandlung wird geschlossen.
§ 9 Beschleunigte Verfahren (Schnellverfahren)
(1) Ein Schnellverfahren ist ein zeitlich und formal reduziertes Verfahren mit einem Richter, das dann greift, wenn sich ein Richter im Dienst befindet und eine schnelle Urteilsfindung von allen Verfahrensbeteiligten gewünscht ist.
(1a) Das beschleunigte Verfahren findet vor dem Strafrichter auf Antrag der Staatsanwaltschaft auf Entscheidung im beschleunigten Verfahren statt, wenn die Sache auf Grund des einfachen Sachverhalts oder der klaren Beweislage zur sofortigen Verhandlung geeignet ist. Der Antrag ist der Gegenseite zuzusenden.
(1b) Zur Verhandlung im beschleunigten Verfahren eignet sich grundsätzlich jedes Delikt. Die Grundsätze eines fairen Verfahrens unter Wahrung der Rechte des Beschuldigten und der Verteidigung sind auch beim beschleunigten Verfahren stets zu beachten.
(2) Das Schnellverfahren findet nur bei dringendem Tatverdacht Anwendung.
(3) Für das Schnellverfahren bedarf es neben dem Richter eines Staatsanwalts und der Gegenseite, welche durch einen Pflichtverteidiger vertreten werden kann. Ist kein Pflichtverteidiger erreichbar, muss sich der Tatverdächtige selbst verteidigen.
(4) Im beschleunigten Verfahren findet eine Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens nicht statt.
(5) Statt einer schriftlichen Anklage kann die Staatsanwaltschaft die Anklage im beschleunigten Verfahren auch mündlich vorbringen.
(6) Das beschleunigte Verfahren ist nur zulässig, wenn seit der Tat erst kurze Zeit vergangen ist.
(7) Die Beweislage muss klar sein (Geständnis oder sichere Beweismittel). Beweise sind der Gegenseite schriftlich zuzusenden bzw. die Akteneinsicht ist schnellstmöglich zu gewähren.
(7a) Im beschleunigten Verfahren hat der Angeklagte das Recht auf rechtliches Gehör. Er kann sich durch einen Verteidiger oder Pflichtverteidiger vertreten lassen. Zur Prozessvorbereitung werden maximal 30 Minuten ab Ankunft des Verteidigers gewährt.
(7b) Für das beschleunigte Verfahren unter der Voraussetzung des dringenden Tatverdachts ist die Festnahme durch die Exekutivbehörden und der Haftbefehl durch das Gericht anwendbar. Die Befugnis setzt folgende Festnahmebefugnis voraus:
- Betreffen auf frischer Tat: Auf frischer Tat betroffen ist, wer bei der Begehung einer rechtswidrigen Tat oder unmittelbar danach am Tatort oder in dessen unmittelbarer Nähe gestellt wird.
- Verfolgen auf frischer Tat: Verfolgung auf frischer Tat liegt vor, wenn sich der Täter bereits vom Tatort entfernt hat, sichere Anhaltspunkte aber auf ihn als Täter hinweisen und die Verfolgung zum Zweck seiner Ergreifung aufgenommen wird. Zur Verfolgung auf frischer Tat sind alle Maßnahmen zu zählen, die darauf abzielen, den Täter zu ergreifen und die dazu geeignet sind, dies zu ermöglichen, zu erleichtern oder zu sichern. Eine zeitliche Begrenzung der Verfolgung sieht das Gesetz nicht vor, es reicht aus, wenn ein enger zeitlicher Zusammenhang zur Tat gegeben ist. Wird eine Verfolgung zur Ergreifung des fliehenden Täters erforderlich, kann der Verfolger Helfer um Unterstützung ersuchen oder Hilfsmittel (z.B. ein Auto) benutzen.
- Prognose darüber, ob eine unverzügliche Entscheidung im beschleunigten Verfahren wahrscheinlich ist und
- auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, dass der Festgenommene der Hauptverhandlung fernbleiben wird: Der Täter darf festgenommen werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, dass er der Hauptverhandlung fernbleiben wird.
(8) Das beschleunigte Verfahren folgt einem formalen Ablauf
- Sofern dringender Tatverdacht bei einem Vergehen oder Verbrechen besteht, informiert die Staatsanwaltschaft das Gericht und beantragt mündlich oder schriftlich ein beschleunigtes Verfahren. Dieses wird von einem anwesenden Richter unabhängig von der Instanz geführt.
- Der vorsitzende Richter eröffnet das beschleunigte Verfahren mit Aktenzeichen, Datum und Uhrzeit
- Richter, Staatsanwalt, Angeklagter und die Verteidigung sind zu nennen.
- Es ist festzustellen, welche geladenen Personen erschienen sind. Es obliegt dem Gericht, alle Zeugen gemeinschaftlich oder erst bei der einzelnen Vernehmung zu belehren. Sie sind vor Verlesung der Anklageschrift aus dem Sitzungssaal zu verweisen und erst zur Beweisaufnahme erneut hinzuzubitten.
- Bei der Urteilsfindung werden ausschließlich die im Verfahren mündlich vorgetragenen Sachverhalte und Beweise berücksichtigt.
- Alle genannten Beweise müssen spätestens nach 48h in schriftlicher Form vorliegen, damit diese an die Richterschaft und an die Gegenpartei ausgehändigt werden können.
- Im Anschluss an die Beweisaufnahme erfolgt eine Urteilsfindung
- Ist eine sofortige Urteilsfindung nicht möglich, können Angeklagte bis zur Urteilsfindung optional in Untersuchungshaft gesetzt werden.
- Nach der Urteilsverkündung sind die Rechtsmittel (Berufung und Revision) zu nennen.
- Die Strafvollstreckung ist sofort nach dem Urteil anzutreten.
(9) Gegen das im beschleunigten Verfahren ergangene Urteil können Staatsanwaltschaft und Angeklagter die normalen Rechtsmittel (Berufung und Revision) einlegen.
§ 10 Zulässigkeit der Nebenklage und Nebenkläger
(1) Der erhobenen Anklage kann sich mit der Nebenklage auf vorherigen Antrag anschließen, wer durch eine rechtswidrige Tat verletzt ist. Über die Zulässigkeit der Nebenklage in der Hauptverhandlung entscheidet das zuständige Gericht.
(2) Der Nebenkläger ist, auch wenn er als Zeuge vernommen werden soll, zur Anwesenheit in der Hauptverhandlung berechtigt. Er ist zur Hauptverhandlung zu laden.
(3) Die Befugnis zur Ablehnung eines Richters oder Sachverständigen, das Fragerecht innerhalb der Beweisaufnahme, das Beweisantragsrecht sowie das Recht zur Abgabe von Erklärungen stehen auch dem Nebenkläger zu.
(4) Dieser ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, im selben Umfang hinzuzuziehen und zu hören wie die Staatsanwaltschaft.
(5) Entscheidungen, die der Staatsanwaltschaft bekannt gemacht werden, sind auch dem Nebenkläger bekannt zu geben.
(6) Der Nebenkläger kann sich des Beistands eines Rechtsanwalts bedienen oder sich durch einen solchen vertreten lassen.
(7) Der Rechtsanwalt ist zur Anwesenheit in der Hauptverhandlung berechtigt. Er ist vom Termin der Hauptverhandlung zu benachrichtigen, wenn seine Wahl dem Gericht angezeigt oder er als Beistand bestellt wurde.
§ 11 Befangenheit
(1) Ein Richter hat sich von der Ausübung des Richteramts auszuschließen, wenn begründete Zweifel an seiner Unparteilichkeit bestehen. Befangenheitsgründe können insbesondere sein:
- wenn er selbst durch die Straftat verletzt ist,
- wenn er Ehegatte, Lebenspartner, Vormund oder Betreuer des Beschuldigten oder des Verletzten ist oder gewesen ist,
- wenn er mit dem Beschuldigten oder mit dem Verletzten verwandt oder verschwägert ist,
- wenn er an dem Fall in einer anderen Rolle beteiligt war, beispielsweise als Zeuge oder Ermittler.
(2) Prozessparteien haben das Recht, ein Befangenheitsgesuch vorzubringen. Dieses Gesuch wird zuerst dem betreffenden Richter vorgelegt, der daraufhin verpflichtet ist, seine eigene Befangenheit selbstständig und gewissenhaft zu prüfen und eine Entscheidung zu treffen.
(3) Bei Ablehnung des Gesuchs durch den Richter kann das Verfahren unter seiner Beteiligung fortgesetzt werden. Der Richter hat seine Entscheidung schriftlich zu begründen.
(4) Bei Annahme der Befangenheit wird ein anderer verfügbarer Richter mit der Fortführung des Verfahrens betraut.
(5) Gegen Entscheidungen bezüglich des Gesuchs besteht die Möglichkeit der Beschwerde nach § 14 StPO.
(6) Die Ausübung des Richteramts trotz Befangenheit stellt einen schwerwiegenden Rechtsfehler dar. Eine Entscheidung über die Instanz, die für die erneute Durchführung der fehlerhaften Entscheidungsfindung zuständig ist, ist von der Rechtsmittelinstanz zu treffen
(7) Sollte dies zutreffen, ist §11 Abs. 1 StPO auch auf andere Beamte im Bereich der Strafverfolgung sinngemäß anwendbar, wenn es um Fragen der Befangenheit geht
§ 12 Berufung
(1) Gegen ein Urteil haben der Angeklagte, die Staatsanwaltschaft und zugelassene Nebenkläger das Rechtsmittel der Berufung.
(2) Die Berufung muss innerhalb von 168 Stunden, nachdem das Urteil zugestellt wurde, schriftlich und begründet beim Gericht eingelegt werden.
(3) Die Berufung muss, sofern sie von der Verteidigung oder einem Nebenkläger eingelegt wird, über einen Rechtsanwalt erfolgen.
(4) Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, und die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde enthalten.
(5) Die Berufung wird durch den Gericht geprüft. Es wird entschieden, ob die Verhandlung aufgenommen wird oder die Berufung abgelehnt wird.
(6) Für die Berufung gilt das Verschlechterungsverbot, wenn nur der Angeklagte die Berufung eingelegt hat. Das bedeutet, dass das Urteil der Berufung nicht schlechter ausfallen kann, als das aufgehobene Urteil aus der ersten Instanz. Dieses Verschlechterungsverbot gilt jedoch nicht, wenn die Staatsanwaltschaft oder ein Nebenkläger die Berufung einlegt.
(7) Die Berufung dient der zweitinstanzlichen Überprüfung von Urteilen in rechtlichen und tatsächlichen Belangen. Das Berufungsgericht prüft, ob das erstinstanzliche Gericht die Gesetze korrekt angewandt hat. Bei der Berufung wird überprüft, ob der vom erstinstanzlichen Gericht angenommene Sachverhalt tatsächlich zutrifft. Das Berufungsgericht kann hierzu Beweise erheben. Bei der Berufung wird der gesamte Fall, unbefangen vom Urteil der ersten Instanz, neu verhandelt. Somit können neue Beweisanträge gestellt oder neue Zeugen geladen werden. In diesen Fällen gelten die gesetzlichen Fristen.
(8) Bei einem Urteil durch das Staatsoberhaupt ist keine Berufung möglich.
(9) Bei einer erneuten Verhandlung ist das neue Urteil unanfechtbar. Es kann allenfalls über eine Revision durch das Gericht auf Rechtsfehler überprüft werden.
§ 13 Revision
(1) Gegen ein Urteil haben der Angeklagte, die Staatsanwaltschaft und zugelassene Nebenkläger das Rechtsmittel der Revision.
(2) Die Revision muss innerhalb von 168 Stunden, nachdem das Urteil zugestellt wurde, schriftlich und begründet beim Gericht eingelegt werden.
(3) Die Revision muss, sofern sie von der Verteidigung oder einem Nebenkläger eingelegt wird, über einen Rechtsanwalt erfolgen.
(4) Die Revisionsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Revision gerichtet wird, und die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Revision eingelegt werde enthalten.
(5) Sofern die Revision gegen eine Entscheidung in erster Instanz eingelegt wird, so wird über die Revision bei Gericht entschieden.
(6) Die Revisionsschrift muss in einer schriftlichen Revisionsbegründung Fehler darlegen, die dem Gericht im Verfahren (Verfahrensfehler) oder bei der schriftlichen Urteilsbegründung (materiellrechtliche Fehler) unterlaufen sind. Es wird entschieden, ob die Verhandlung vor Gericht erneut zur Hauptverhandlung aufgenommen wird, das Verfahren schriftlich weiterläuft oder die Revision abgelehnt wird.
(7) Für die Revision gilt das Verschlechterungsverbot, wenn nur die Verteidigung die Revision eingelegt hat. Das bedeutet, dass das Urteil nicht schlechter ausfallen kann, als das aufgehobene Urteil. Dieses Verschlechterungsverbot gilt jedoch nicht, wenn die Staatsanwaltschaft oder ein Nebenkläger die Revision einlegt.
(8) Bei einem Urteil durch das Staatsoberhaupt ist keine Revision möglich.
(9) Bei einer erneuten Verhandlung ist das neue Urteil unanfechtbar.
§ 14 Beschwerde
(1) Die Beschwerde ist ein Rechtsmittel, welches unabhängig des Grundes eingelegt werden kann. Eine Beschwerde ist binnen 72 Stunden schriftlich und begründet beim Gericht durch einen Rechtsanwalt oder Staatsanwalt einzulegen. Die Beschwerde kann gegen folgende Entscheidungen und Beschlüsse eingelegt werden:
- Verlängerung der Verjährungsfrist
- Beschlüsse nach § 21 StPO (Haftbeschwerde)
- Richterliche Anordnungen nach § 21a StPO
- Ordnungsgelder (durch das Gericht oder die Staatsanwaltschaft)
- Ausschluss der Öffentlichkeit
(2) Erkennt das Gericht die Beschwerde als zulässig an wird entweder
- die Anhörung in der Sache wiederholt,
- das Beweismittel gestrichen,
- das Verfahren eingestellt oder
- der Einspruchsgrund korrigiert.
(3) Die Zuständigkeit über Beschwerden liegt grundsätzlich beim Gericht. Erkennt das Gericht die Beschwerde als unzulässig an, wird diese zurückgewiesen.
(4) Durch die Bearbeitung einer Beschwerde durch einen Richter tritt grundsätzlich keine Befangenheit ein. Der Richter, der eine Beschwerde bearbeitet, kann grundsätzlich auch das Hauptverfahren oder die Berufungsverhandlung führen.
(5) Eine Beschwerde aufgrund eines zu geringen Strafmaßes ist ausgeschlossen.
(6) Durch das Einlegen einer Beschwerde bleiben aktive Maßnahmen der Behörden unberührt. Der Einspruch bezieht sich in diesem Fall auf die rechtmäßige Verwendbarkeit der durch die Maßnahme ermittelten Beweise.
§ 15 Ordnungsgelder
(1) Verhält sich eine Person trotz Verwarnung vor Gericht nicht angemessen, kann nach Ermessen des Richters ein Ordnungsgeld auferlegt werden.
(2) Handelt es sich bei dem unangemessenen Verhalten um eine Straftat, so kann das Gericht unmittelbar auf Strafe nach dem jeweils angedrohten Maßstab erkennen.
(3) Bei Nichterscheinen vor Gericht kann vom Richter ein Ordnungsgeld gegen Zeugen, Sachverständige, Staatsanwaltschaft, Rechtsanwalt und Angeklagten verhängt werden. Das Gericht kann außerdem die Person zur Vorführung durch die Exekutivbehörden im Sinne des PolG zwangsweise vorführen lassen. Dieser Absatz bezieht sich auf
- Zeugen und Sachverständige, die vorgeladen wurden und sich weder bei Gericht oder der Ladenden Partei unter Angabe einer vom vorsitzenden Richter für ausreichend befundenen Begründung abgemeldet haben.
- Tatverdächtige, die vorgeladen wurden und sich weder bei Gericht oder ihrem Verteidiger abgemeldet haben.
(4) Das Ordnungsgeld darf je Vergabe einen Betrag von 2000 $ nicht übersteigen. Das Ordnungsgeld ist durch das Gericht sofort vollstreckbar.
(5) An die Stelle des Ordnungsgeldes tritt Ordnungshaft, wenn das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann. Ansonsten kann eine Pfändung nach § 11 PolG erfolgen. Sofern keine Pfändung nach § 11 PolG möglich ist, gilt die Umrechnung nach § 11 Abs. 2d PolG.
§ 16 Zeugen und Sachverständige, Belehrung
(1) Zeugen und Sachverständige haben das Recht zu schweigen, wenn sie sich selbst belasten würden oder mit dem Angeklagten verheiratet, verwandt oder verschwägert sind.
(2) Zeugen und Sachverständige haben zur Wahrheitsfindung des Gerichts beizutragen. Sachverständige sind, wenn Abs. 1 nicht zu tragen kommt, verpflichtet, ein unparteiisches und nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitetes Gutachten zu erstatten.
(3) Vor der Vernehmung werden die Zeugen zur Wahrheit ermahnt und über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage belehrt. Auf die Möglichkeit der Vereidigung werden sie hingewiesen. Im Fall der Vereidigung sind sie über die Bedeutung des Eides und darüber zu belehren, dass der Eid mit oder ohne religiöse Beteuerung geleistet werden kann.
§ 16a Eidesformel
(1) Nach Ermessen des vorsitzenden Richters können Zeugen und Sachverständige unter Eid gestellt werden.
(2) Der Eid lautet wie folgt: “Ich schwöre, dass ich in Kenntnis der strafrechtlichen Folgen eines Meineides die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit äußern werde, so wahr mir Gott helfe”
(2a) Der Eid nach § 16a StPO kann auch ohne die Worte “so wahr mir Gott helfe” geleistet werden.
(3) Erfolgt eine Vereidigung im Nachhinein, so sind die Worte des Eides nach "äußern werde" in "geäußert habe" abzuändern.
§ 17 Verjährung
(1) Je schwerer eine zu erwartende Strafe ist, desto später ist diese Tat verjährt. Es gelten folgende Verjährungsfristen
- Eine Ordnungswidrigkeit verjährt nach 30 Tagen.
- Ein Vergehen verjährt nach 30 Tagen.
- Ein Verbrechen verjährt nach 45 Tagen.
- Mord und Totschlag, ebenfalls im Versuch, verjähren nicht.
(2) Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Tat beendet ist. Tritt ein zum Tatbestand gehörender Erfolg erst später ein, so beginnt die Verjährung mit diesem Zeitpunkt.
(3) Innerhalb der genannten Frist ist bei Ordnungswidrigkeiten entweder eine Strafe zu verhängen, bei Vergehen und Verbrechen die Anklage zu erheben oder ein Strafbefehl zu erlassen oder die Ermittlung einzustellen.
(4) Eine Verlängerung der Verjährungsfrist ist unter Angabe einer Begründung beim Gericht einzureichen.
(5) Bewährungsauflagen und Vorstrafen sind nach 3 Monaten nicht mehr als Teil des Vorstrafenregisters zu werten.
§ 18 Haftbefehle
(1) Ein Haftbefehl wird durch einen Richter erlassen, um einen Beschuldigten der Untersuchungshaft zuzuführen. Dies dient zur Verhinderung der Vernichtung von Beweismitteln oder um die Flucht des Beschuldigten zu verhindern.
(2) Ein Haftbefehl muss in Relation zum konkreten Tatvorwurf stehen. Daher ist eine Verlängerung der Untersuchungshaft aus dem PolG über einen Richter nach dieser Norm nur zulässig, wenn es sich um Vergehen oder Verbrechen handelt und ein Haftgrund vorliegt.
(3) Haftgründe sind
- Fluchtgefahr,
- Verdunkelungsgefahr (Einwirkung auf Zeugen, Mitbeschuldigte oder Sachverständige sowie Veränderung oder Vernichtung von Beweismitteln)
- Wiederholungsgefahr (Begehung ähnlicher Taten während der Ermittlungszeit)
- Risiko der Vernichtung von Beweismitteln während des Ermittlungsverfahrens.
- Schwerverbrechen (Dringender Tatverdacht wegen Begehung eines Schwerverbrechens
(4) Ein Haftrichter erlässt einen Haftbefehl auf Antrag der Staatsanwaltschaft, nachdem er den Sachverhalt prüft und dabei feststellt, ob folgende Voraussetzungen für den Haftbefehl erfüllt werden
- Dringender Tatverdacht ist gegeben
- Der Haftgrund rechtfertigt einen Haftbefehl
- Die Verhältnismäßigkeit der Inhaftierung ist gegeben
(4a) Der Beschuldigte oder sein Verteidiger erfahren vor Vollstreckung des Haftbefehls nicht von der Überführung in die Untersuchungshaft.
(4b) Sofern kein Richter erreichbar ist, darf der Haftbefehl durch den Generalstaatsanwalt beziehungsweise die Staatsanwaltschaft ausgesprochen werden.
(5) Der Haftbefehl wird durch die Exekutivbehörden vollstreckt. Der Beschuldigte wird für die Untersuchungshaft in eine Zelle der Exekutivbehörden oder ein Gefängnis verbracht.
(6) Der Beschuldigte besitzt bei einem Haftbefehl Rechte. Der Beschuldigte hat das Recht,
- einen Rechtsanwalt oder Pflichtverteidiger zu kontaktieren,
- nicht zu den Vorwürfen auszusagen,
- einen Angehörigen oder eine Vertrauensperson über die Situation zu informieren und damit einen Anruf zu tätigen,
- entlastende Beweise vorzulegen. Das können zum Beispiel Zeugen sein, die ein Alibi geben
- innerhalb von 72 Stunden nach Inhaftierung einen mündlichen Antrag auf Prüfung der Recht- und Verhältnismässigkeit des Haftbefehls einem Richter vorzutragen.
(7) Innerhalb von 72 Stunden kann ein schriftlicher Antrag auf Prüfung der Recht- und Verhältnismässigkeit des Haftbefehls über einen zugelassenen Rechtsanwalt bei Gericht gestellt werden. Ein unabhängiger Richter, der nicht in den Erlass des Haftbefehls, der die Grundlage der Prüfung darstellt, involviert war, übernimmt den Antrag auf Prüfung der Recht- und Verhältnismässigkeit.
(8) Der Richter führt hierzu eine Anhörung unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Verteidigung, der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft sind hinzuzuladen. Der Richter hat folgende Möglichkeiten, in der Anhörung zu entscheiden
- Der Haftbefehl bleibt bestehen und die Untersuchungshaft wird fortgeführt.
- Der Haftbefehl wird durch den Richter aufgehoben.
- Der Richter kann entscheiden, dass der Haftbefehl vorübergehend außer Vollzug gesetzt wird, sofern bestimmte Auflagen erfüllt werden – zum Beispiel sich täglich bei den Exekutivbehörden zu melden, den Führerschein abzugeben,
§ 19 Pflichtverteidigung
(1) Jeder Tatverdächtige hat das Recht, sich selbst oder durch einen bestellten Anwalt vertreten zu lassen.
(2) Sollte sich der Tatverdächtige keinen Anwalt leisten können, so besteht das Recht, einen Pflichtverteidiger zu bestellen. In der Verfahrensakte ist zu dokumentieren, dass der Tatverdächtige auf dieses Recht hingewiesen wurde.
(3) Pflichtverteidiger können hinzubestellt werden, wenn
- ein Tatverdächtiger in einer Ordnungswidrigkeit, bei Vergehen oder Verbrechen festgenommen wurde,
- ein Tatverdächtiger in Untersuchungshaft sitzt,
- eine Hausdurchsuchung durchgeführt wird,
- eine Anhörung oder Hauptverhandlung geführt wird (auch bei Ausschluss der Öffentlichkeit).
(4) Grundsätzlich können Pflichtverteidiger zur Einlegung von Rechtsmitteln zu jedem Zeitpunkt des Strafverfahrens hinzugezogen werden.
(5) Im Falle einer Pflichtverteidigung besteht keine freie Wahl eines zu bestellenden Anwalts. Der Anwalt wird dem Tatverdächtigen zugewiesen.
(6) Die Kosten einer Pflichtverteidigung werden dem Ministerium für Justizangelegenheiten (MfJ) auferlegt. Das Ministerium für Justizangelegenheiten (MfJ) vergütet Pflichtverteidiger anhand einer Gebührentabelle. Es besteht seitens der Anwaltschaft kein Recht auf weitere Zahlungen.
- außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens kann ein Stundensatz von 150 $, bei einer Obergrenze von jedoch höchstens 600 $ pro Fall gezahlt werden, wobei kein unverhältnismäßiger Aufwand vom Pflichtverteidiger betrieben werden darf, um eine höhere Arbeitszeit abrechnen zu können. Die Pflichtverteidiger müssen bei ihrer Kostenberechnung den Arbeitsaufwand außerhalb des Bereichs der Zellen bei den Exekutivbehörden näher beschreiben.
- Für Prozessvorbereitungen bei gerichtlichen Verfahren, für die Hauptverhandlung sowie für die Einlegung von Rechtsmitteln kann ein Stundensatz von 250 $, jedoch höchstens 1000 $ pro Fall, gezahlt werden.
(7) Für eine Pflichtverteidigung ist kein schriftlicher Antrag notwendig. Es genügt, wenn ein Tatverdächtiger ausdrücklich nach einem Pflichtverteidiger verlangt.
(8) Die Rechnung für eine Pflichtverteidigung sind dem Ministerium für Justizangelegenheiten (MfJ) zuzusenden. Dieses kann ersatzweise die Bearbeitung auf Dritte übertragen. Es wird entschieden, ob die abgerechneten Stunden im Verhältnis zur geleisteten Arbeit stehen. Es können Nachfragen gestellt werden.
(9) Als nicht nachvollziehbar geleistete und abgerechnete Stunden als Pflichtverteidiger können den Straftatbestand des Betruges erfüllen.
§ 20 Ausschließung des Verteidigers
(1) Ein Verteidiger oder Pflichtverteidiger ist von der Mitwirkung in einem Verfahren auszuschließen, wenn er dringend oder in einem die Eröffnung des Hauptverfahrens rechtfertigenden Grade verdächtig ist, dass er
- an der Tat, die den Gegenstand der Untersuchung bildet, beteiligt ist,
- den Rechtsverkehr oder die Beratung und Kommunikation mit dem nicht auf freiem Fuß befindlichen Beschuldigten dazu mißbraucht, Straftaten zu begehen oder die Sicherheit des State Prisons erheblich zu gefährden, oder
- eine Handlung begangen hat, die für den Fall der Verurteilung des Beschuldigten Strafvereitelung oder Hehlerei wäre.
(2) Solange ein Verteidiger ausgeschlossen ist, kann er den Beschuldigten auch in anderen gesetzlich geordneten Verfahren nicht verteidigen.
(3) In sonstigen Angelegenheiten darf er den Beschuldigten, der sich nicht auf freiem Fuß befindet, nicht aufsuchen.
(4) Andere Beschuldigte kann ein Verteidiger, solange er ausgeschlossen ist, in demselben Verfahren nicht verteidigen.
§ 21 Beschlüsse
(1) Bei einem Beschluss handelt es sich um eine Entscheidung des Gerichts. Im Einzelfall können im Voraus Anhörungen stattfinden. Dazu zählen
- Eröffnungsbeschlüsse
- Durchsuchungsbeschlüsse
- Einstellungsbeschlüsse
- Sonderbeschlüsse
(1a) Eröffnunungsbeschlüsse werden durch das Gericht angefertigt, bei dem eine Anklageschrift eingereicht und angenommen wurde.
(2) Durchsuchungsbeschlüsse werden durch einen Richter nach Anhörung der Beteiligten angefertigt. Die Beiladung der Gegenseite kann auf Antrag der Staatsanwaltschaft ausbleiben, wenn Verdunkelungsgefahr (Veränderung oder Vernichtung von Beweismitteln) besteht.
(3) Bei Gefahr im Verzug kann die Staatsanwaltschaft die Genehmigung für eine Durchsuchung erteilen. Sollte die Staatsanwaltschaft nicht erreichbar sein, ist es in Fällen von Hausdurchsuchungen gestattet, die Gefahr im Verzug auch durch die Exekutivbehörden anzuwenden. Die Durchsuchung muss von den beteiligten Beamten dokumentiert werden und wird Teil der Ermittlungs- und Fallakten. Falls im Verlauf eines Beschwerdeverfahrens vor Gericht abschließend festgestellt wird, dass die Anwendung dieser Vorschrift unverhältnismäßig war, dürfen die erhaltenen Beweismittel oder Informationen in diesem und künftigen Verfahren entweder gar nicht oder nur eingeschränkt verwendet werden. Dem Tatverdächtigen steht das Recht zu, einen Anwalt über einen der anwesenden Beamten zu informieren. Die Feststellung der Gefahr im Verzug muss durch eine nachvollziehbare und überzeugende Begründung begleitet sein, die ebenfalls der Dokumentation der Durchsuchung beigefügt werden muss.
(3a) Unter dem Begriff „Gefahr im Verzug“ versteht man einen Zustand, bei dem die naheliegende Möglichkeit besteht, dass die durch vorherige Einholung der richterlichen Anordnung eintretende Verzögerung zu einem Schaden oder dem Verlust von Beweismitteln führen wird. Gefahr im Verzug bezieht sich auf einen Zustand, bei dem nur durch ein sofortiges Eingreifen eine drohende Gefahr oder ein Schaden abgewendet werden kann. In diesem Fall darf eine Durchsuchung auch ohne richterlichen Beschluss erfolgen.
(4) Einstellungsbeschlüsse werden entweder von der Staatsanwaltschaft anstatt einer Anklageschrift bei Einstellung des Verfahrens oder durch das Gericht bei Einstellung nach Einreichung der Anklageschrift angefertigt.
(5) Der Justizminister und der Generalstaatsanwalt können auch temporäre Beschlüsse zu allgemeinen Aussetzungen, Klarstellungen und Konkretisierungen von Gesetzen oder hinsichtlich der Anwendung von Gesetzen erlassen und auch hinsichtlich seiner Einschätzung bei dringend zu regelnden Angelegenheiten neue Regelungen erlassen.
(6) Gegen Beschlüsse besteht die Möglichkeit der Beschwerde nach § 14 StPO.
(7) Grundsätzlich können Beschlüsse von übergeordneten Gerichten aufgehoben werden.
(8) Die Exekutivbehörden sowie die Staatsanwaltschaft sind dazu befugt, Wohnungen und Fahrzeuge von Opfern eines Kapitalverbrechens (Mord, Totschlag, fahrlässige Tötung) zu durchsuchen, wenn dies durch die Staatsanwaltschaft angeordnet wird. Hierzu ist kein richterlicher Beschluss notwendig.
§ 21a Zufallsfunde bei Durchsuchungen
(1) Werden bei einer Durchsuchung nach § 21 Abs. 2 StPO sowie § 21 Abs. 3 StPO Gegenstände gefunden, welche nach Gesetz Illegal eingestuft sind oder einen eindeutigen Strafbestand erfüllen, jedoch in keinem Bezug zur Durchsuchung stehen, so sind sie einstweilen in Beschlag zu nehmen. Gefundene Gegenstände sind zu protokollieren. Das Protokoll ist der Fallakte hinzuzufügen.
(2) Handelt es sich bei dem Fund um immaterielle Güter, welche der Person oder ihrem Besitz zuzuordnen sind, ist ein Antrag auf Datenschutzaufhebung zu stellen. Dabei muss angegeben werden, nach welchen Daten expliziet gesucht werden, um den Eingriff in die Privatsphäre so gering wie möglich zu halten. Bis zur Annahme der Datenschutzaufhebung sind entsprechende immaterielle Güter nicht zu untersuchen oder zu verändern.
§ 22 Verfahren und Amtsermittlungsgrundsatz
(1) Das Gericht kann Verfahren in allen Angelegenheiten, die nicht originäre Strafverfahren sind oder einer Klage nach dem Zivilrecht bedürfen, im Einzelfall oder aufgrund des Ersuchens der Organisation für Regulierung und Gesetzliche Angelegenheiten (ORGA) auch von Amts wegen einleiten.
(2) Das Gericht kann Amtsermittlungen zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen durchführen, wenn es ein Verfahren von Amts wegen eingeleitet hat oder es an das Gericht übertragen oder angetragen wird. Andere gesetzliche Bestimmungen bleiben unberührt. In Verfahren von Amts wegen sind auch keine Anträge von Nöten, um eine Entscheidung aufgrund eines Gesetzes zu erlassen, selbst wenn das Gesetz einen solchen vorsieht.
§ 23 Richterliche Anordnungen
(1) In jedem Verfahren können durch den Richter Anordnungen erlassen werden. Diese können entweder von Amts wegen erlassen oder auf Antrag auf Erlass einer richterlichen Anordnung geprüft werden. Zu den gängigen (jedoch nicht ausschließlichen) richterlichen Anordnungen gehören
- Datenschutzaufhebungen
- Kontopfändung
- Kontoauskunft über Vermögensstand
- Telekommunikationsüberwachung
- Haftbefehl
- Entnahme von DNA-Proben
- Platzverweisungen auf Grund von Eigen- oder Fremdgefährdung des Besitzers eines Privatgrundstückes oder Unternehmensgrundstücks
- Verlängerung der Präventivhaft auf 120 Minuten
- Führerscheinsperre und Führerscheinentzug
- Meldepflicht
(1a) Eine Anordnung ist eine an natürliche oder juristische Personen gerichtete Weisung, ein bestimmtes Verhalten (Handlung, Duldung oder Unterlassung) zu befolgen, da andernfalls eine angedrohte Rechtsfolge eintritt.
(2) Wer gegen gerichtliche Anordnungen verstößt, kann mit einem Ordnungsgeld bis zu 100.000 $ bestraft werden.
(3) Gegen Verfügungen und Anordnungen kann über einen Rechtsanwalt eine begründete Beschwerde nach § 14 StPO gestellt werden.
§ 24 Wiederaufnahme des Strafverfahrens
(1) Ein Wiederaufnahmeverfahren dient der Vermeidung bzw. Korrektur eines Justizirrtums.
(2) Dem Angeklagten wird ein erneutes Verfahren eingeräumt, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel auftauchen, die zu einem besseren Ausgang des Verfahrens bzw. zu einer milderen Strafe zugunsten des Angeklagten führen können.
(2a) Im Sinne des Absatzes 2 muss es sich um konkrete Tatsachen und Beweise (Gegenstände, Vorgänge oder Zeugenaussagen) handeln, die nicht auf geänderten Rechtsnormen oder Entscheidungen beruhen. Beweismittel sind nur neu, wenn sie in der Hauptverhandlung vom Gericht nicht berücksichtigt wurden.
(3) Ein Wiederaufnahmeverfahren zugunsten eines Verurteilten ist nur zulässig, wenn mindestens einer der folgenden Wiederaufnahmegründe vorliegt und glaubhaft gemacht werden kann
- wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war,
- wenn der Zeuge oder Sachverständige sich bei einem zuungunsten des Verurteilten abgelegten Zeugnis oder abgegebenen Gutachten einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht oder einer vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat,
- wenn bei dem Urteil ein Richter mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf die Sache einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern die Verletzung nicht vom Verurteilten selbst veranlasst ist,
- wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen geeignet sind.
§ 25 Akteneinsicht
(1) Jede Person, welche als Beschuldigter innerhalb eines Strafverfahrens geführt wird, hat das Recht auf Akteneinsicht, sofern sich die jeweilige Person eigenständig vertritt.
(2) Der Rechtsanwalt hat das Recht, Akteneinsicht für seinen Mandanten einzufordern, sofern dieser als Beschuldigter in einem Strafverfahren ist und der Rechtsanwalt das Mandat für dieses Rechtsgeschäft innehat.
(3) Die Informationen, die der Rechtsanwalt per Akteneinsicht erhalten hat, dürfen nur an Mitarbeiter weitergegeben werden, welche ebenfalls der Verschwiegenheit unterliegen. Die Informationen dürfen nicht mündlich an Dritte weitergegeben werden, mit Ausnahme des jeweiligen Mandanten oder sofern der Rechtsanwalt die Zustimmung des Mandanten über die Offenlegung von Informationen nachweisen kann.
(4) Die Staatsanwaltschaft kann die Akteneinsicht u.a. durch Schwärzung einschränken. Gegen diese Entscheidung kann Beschwerde nach § 14 StPO bei der Richterschaft eingelegt werden.
(5) Die Entscheidung der Richterschaft ist unanfechtbar.
§ 26 Verdeckter Ermittler
(1) Verdeckte Ermittler dürfen zur Aufklärung von Straftaten (Vergehen und Verbrechen) durch die Staatsanwaltschaft eingesetzt werden.
(2) Der Einsatz ist nur zulässig, soweit die Aufklärung auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.
(3) Verdeckte Ermittler sind Beamte der Exekutive, die unter einer ihnen verliehenen, auf Dauer angelegten, veränderten Identität (Legende) ermitteln. Sie dürfen unter der Legende am Rechtsverkehr teilnehmen.
(4) Soweit es für den Aufbau oder die Aufrechterhaltung der Legende unerläßlich ist, dürfen entsprechende Urkunden hergestellt, verändert und gebraucht werden.
(5) Verdeckte Ermittler müssen durch die Staatsanwaltschaft empfohlen und durch den Generalstaatsanwalt freigegeben werden. Die Zuordnung der Identität folgt den internen Richtlinien des Ministerium für Justizangelegenheiten (MfJ).
(6) Verdeckte Ermittler dürfen als Lockspitzel auftreten. Ein Lockspitzel ist ein verdeckter Ermittler, der Verdächtige zu strafbaren Handlungen anregt. Lockspitzel dürfen etwa als Scheinkäufer im Drogenmilieu auftreten oder zur Aufrechterhaltung ihrer Identität strafbare Handlungen vornehmen. Lockspitzel-Einsätze sind durch den Generalstaatsanwalt freizugeben.
(7) Verdeckte Ermittler sind von der Strafverfolgungspflicht nicht befreit. Sie können Ermittlungsmaßnahmen jedoch zurückstellen, wenn die Strafverfolgung eine Gefährdung seiner Ermittlungen zu bedeuten hätte. Dies gilt nicht, wenn sofortige Ermittlungsmaßnahmen auf Grund der Schwere der neu entdeckten Tat geboten sind.
(8) Die Staatsanwaltschaft fertigt über die Gespräche mit den Exekutivbehörden, über die Mitwirkung des Verdeckten Ermittlers und über die getroffenen Entscheidungen - ohne Nennung des Namens des Verdeckten Ermittlers - Vermerke, die gesondert zu verwahren sind.
§ 27 Informanten und V-Personen
(1) Die Staatsanwaltschaft sowie Ermittlern der Exekutivbehörden sind zum Einsatz von Informanten und V-Personen gegen die Zusicherung der Vertraulichkeit befugt. Sie sind verpflichtet, Decknamen zuzuordnen und diese aktenkundig zu machen. Eine Liste hierüber ist mit dem Generalstaatsanwalt ohne Nennung des Namens anzufertigen.
(1a) Informant ist eine Person, die im Einzelfall bereit ist, gegen Zusicherung der Vertraulichkeit der Strafverfolgungsbehörde Informationen zu geben.
(1b) V-Person ist eine Person, die, ohne einer Strafverfolgungsbehörde bereit ist, bei der Aufklärung von Straftaten auf längere Zeit vertraulich zu unterstützen, und deren Identität grundsätzlich geheimgehalten wird.
(2) Einem Informanten darf Vertraulichkeit nur zugesichert werden, wenn dieser bei Bekanntwerden seiner Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden erheblich gefährdet wäre oder unzumutbare Nachteile zu erwarten hätte.
(3) Informanten V-Personen werden nur eingesetzt, wenn die Aufklärung sonst aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Grundsätzlich ist das Ziel das Beschaffen von Beweismitteln, die den strafprozessualen Erfordernissen der Beweismittel entsprechen und einen Rückgriff auf diese Personen erübrigen.
(4) Die Staatsanwaltschaft und Ermittler sind an die Zusicherung der Vertraulichkeit/Geheimhaltung gebunden. Die Bindung entfällt grundsätzlich, wenn
- die V-Person von einer Weisung grob abweicht,
- sich eine strafbare Tatbeteiligung des Empfängers der Zusicherung herausstellt,
- die V-Person sich bei ihrer Tätigkeit für die Strafverfolgungsbehörden strafbar macht oder
- die V-Person sich sonst als unzuverlässig erweist.
Hierauf ist der Informant/die V-Person vor jeder Zusicherung hinzuweisen.
(5) Informanten und V-Personen dürfen im Zuge ihrer Aufklärungsarbeit und Informationsgewinnung nur insoweit Straftaten begehen, wie dies zur Aufrechterhaltung ihres Informationsziels dienlich ist. Die Pflicht der Strafverfolgung für beteiligte Beamte entfällt, insofern sie die Staatsanwaltschaft hierüber informieren und das Vorgehen schriftlich abfassen.
(6) Informanten und V-Personen können ebenfalls in das Zeugenschutzprogramm aufgenommen werden. § 28 StPO gilt entsprechend.
§ 28 Zeugenschutz
(1) Eine Person, ohne deren Angaben in einem Strafverfahren die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre, kann mit ihrem Einverständnis nach Maßgabe dieses Gesetzes geschützt werden, wenn
- sie auf Grund ihrer Aussagebereitschaft einer Gefährdung von Leib, Leben, Gesundheit, Freiheit oder wesentlicher Vermögenswerte ausgesetzt ist und
- sich für Zeugenschutzmaßnahmen eignet.
(2) Dies gilt auch für Personen, die Angehörige der Person nach Absatz 1 sind oder ihr sonst nahe stehen.
(3) Die Beendigung des Strafverfahrens führt nicht zur Aufhebung der Zeugenschutzmaßnahmen, soweit die Gefährdung fortbesteht.
(4) Die Staatsanwaltschaft und Ermittler haben eine Gefährdungsanalyse bei Zeugen abzugeben. Die Dokumentation unterliegt der Geheimhaltung.
(5) Die Aufnahme in das Zeugenschutzprogramm muss durch einen Ermittler sowie der Staatsanwaltschaft zunächst dem Generalstaatsanwalt vorgeschlagen werden. Eine Prognose über die Erforderlichkeit der Schutzmaßnahmen ist abschließend schriftlich festzuhalten. Der Ablauf ist darüber hinaus per Dienstanweisung geregelt. Ermittler und Staatsanwaltschaft sind befugt, Schutzmaßnahmen für Zeugen einzuleiten. Schutzmaßnahmen können jederzeit durch den Generalstaatsanwalt aufgehoben werden.
(6) Der Zeugenschutz kann durch Maßnahmen, wie
- Entfernung des Angeklagten aus der Hauptverhandlung,
- Ausschluss der Öffentlichkeit,
- Schwärzung in Teilen der schriftlichen Aussage,
- Schwärzung des Namens in Fallakten,
- Verlesung der schriftlich aufgenommenen Zeugenaussage und Verzicht auf Erscheinen des Zeugen zur Hauptverhandlung
- räumlich getrennte unter Eid aufgenommene Aussage vor einem vom Verfahren unabhängigen Ermittlungsrichter, der die Aussage unter Eid aufnimmt, welche in der Verhandlung ohne Anwesenheit des Zeugen verlesen werden darf
gewährleistet werden.
(7) Der Zeugenschutz ist aufzuheben, wenn
- der Zeuge gegen ihm auferlegte Vorgaben verstößt,
- eine Gefährdung durch sein Handeln für Dritte entsteht,
- der Zeuge interne Abläufe weitergibt,
- der Zeuge die Unterstützung eigennützig missbraucht.
- der Zeuge verstirbt
- der Zeuge unabgemeldet oder dauerhaft den Staat Medovistan verlässt.
(8) Der Zeugenschutz kann durch den Generalstaatsanwalt aufgehoben werden. Ein Verstoß gegen Auflagen ist schnellstmöglich durch die Ermittler oder Staatsanwaltschaft beim Generalstaatsanwalt zu melden.
(9) Wer mit dem Zeugenschutz befasst wird, darf die ihm bekannt gewordenen Erkenntnisse über Zeugenschutzmaßnahmen auch über den Zeitpunkt der Beendigung des Zeugenschutzes hinaus nicht unbefugt offenbaren.
(10) Ermittler und Staatsanwälte können auf Antrag beim Generalstaatsanwalt vorübergehende Tarnidentitäten für eine Person erstellen. Zu diesem Zweck dürfen vorübergehende Tarnpapiere wie Ausweise und Dokumente ausgestellt werden. Wenn der Zeugenschutz endet, muss entweder eine dauerhafte Namensänderung beantragt oder die vorübergehende Tarnidentität aufgegeben werden.
§ 29 Allmacht des Staatsoberhauptes
(1) Das Staatsoberhaupt kann einen oder alle vorstehenden Paragraphen in Teilen oder im Ganzen außer Kraft setzen, ändern oder neue Paragraphen einfügen. Auch kann das Staatsoberhaupt jederzeit Befugnisse daraus übertragen oder entziehen.